Gemeinde wählt sich ein Kreuz

Maria Aufnahme - Erbenheims Katholiken haben einen Kunstwettbewerb ausgeschrieben

Wiesbadener Tagblatt
11.03.2013 - ERBENHEIM

Von Anja Baumgart-Pietsch

Ein Kreuz für Maria Aufnahme – ein ungewöhnlicher Kunstwettbewerb geht in der Fastenzeit in die „Endrunde“. Die katholische Gemeinde in Erbenheim, deren Kirchenraum den Sichtbeton-Charme der siebziger Jahre widerspiegelt, ist schon seit einiger Zeit sehr kunstsinnig und bemüht, die Räume in und vor dem Gemeindezentrum mit hochklassigen Kunstwerken auszustatten. So zieren die Kirchenfenster farbige Glasstelen von Karl Martin Hartmann, vor der Kirche steht die Skulptur „Narr und Tod“ von Wolf Spemann, Bernd Brach schuf eine ungewöhnliche Marienskulptur, und noch einige andere Werke hauptsächlich von Wiesbadener Künstlern sind in Erbenheim zum selbstverständlichen Teil des sakralen Ambientes geworden.

Multifunktional

Was im Kirchenraum, der oft multifunktional genutzt wird und neben den Gottesdiensten anderen Veranstaltungen Raum gibt, jedoch fehlt, ist ein Kreuz. Die weiße Wand am Kopf des Raumes wird oft umdekoriert mit großen Bildern oder Tüchern, „aber viele unserer Gemeindemitglieder wünschen sich doch ein Kreuz“, sagt Pfarrer Frank Schindling, im Pastoralteam der neuen Großgemeinde im Wiesbadener Osten unter anderem für die Erbenheimer zuständig.

Man einigte sich in den Gemeindegremien darauf, eine Ausschreibung zu organisieren, um ein künstlerisch gestaltetes Kreuz für den Kirchenraum anzuschaffen. Beauftragt mit der Durchführung der Ausschreibung wurde die Fachfrau für „Kirche und Kultur“ der Wiesbadener Katholiken, die Kunsthistorikerin Dr. Simone Husemann, die schon zahlreiche Aktionen und Veranstaltungen begleitet hat – zuletzt das Kreuzfest des Bistums 2012, bei dem erstmals ein Kunstpreis vergeben wurde.

Für Maria Aufnahme schrieb Husemann das Motto „Verschwinden und Erscheinen“ aus, das ausdrückt, dass das Kunstwerk mobil und transportabel sein muss, eben weil der Kirchenraum unterschiedlich genutzt wird. Aus 45 Einsendungen wählte die Jury aus Husemann, Schindling und Gemeindemitgliedern sechs aus, die nun während der Fastenzeit bis zum 18. April als Entwürfe in der Kirche zu sehen sind. Jeder der beteiligten Künstler präsentiert seinen Entwurf zudem während eines Gottesdienstes der Gemeinde, die am 18. April dann gemeinsam über die Auswahl entscheidet.

Qualität für kleines Geld

Der Etat für den Kunstwettbewerb, den die Gemeinde aus eigenen Mitteln finanziert, so Pfarrer Schindling, liegt im niedrigen vierstelligen Bereich, aber dennoch sei man überzeugt, damit Qualität anschaffen zu können.

Ganz unterschiedliche Entwürfe sind in die engere Wahl gekommen, so Peter Bernhards Glaskreuz, das seine Wirkung erst durch Beleuchtung erhält, Hans Albrechts schwebendes Holzkreuz mit farbiger Rückwand, die eine „Lichtaura“ schaffen soll, Wolfgang Auers „bodenständiger“ Christus aus Holz mit besonders weit ausgebreiteten Armen, das Kreuz als „gerissenes“ Objekt in den typisch lichten Farben der Wiesbadener Malerin Renate Reifert, Josef Büchelers ungewöhnliche Kreuzskulptur aus Zweigen und Papier oder Bernadette Hörders schwerelose Glasflächen.

Entscheidungshilfen

Keine einfache Aufgabe für die Gemeinde, sich zwischen diesen außergewöhnlichen Interpretationen des zentralen christlichen Symbols zu entscheiden – das weiß auch Pfarrer Schindling, der auf das Ergebnis gespannt ist. „Jedenfalls setzt sich die Gemeinde während der Fastenzeit sehr intensiv mit dem Kreuz als Thema auseinander“, sieht der Geistliche schon ein erstes Ergebnis. Nicht nur die Gedanken der Künstler in den Gottesdiensten, sondern auch zahlreiche Vorträge zum Thema helfen bei der Entscheidungsfindung und regen zum Nachdenken an.

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